Revolte et statut social, de l'Antiquité tardive aux Temps modernes

Revolte et statut social, de l'Antiquité tardive aux Temps modernes

Veranstalter
Mission historique française en Allemagne (Göttingen) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Institut (Paris)
Veranstaltungsort
Deutsches Historisches Institut
Ort
Paris
Land
France
Vom - Bis
24.10.2005 - 25.10.2005
Von
Dr. Philippe Depreux (MHFA, Göttingen)

Die Revolten und aufrührerischen Bewegungen wurden bisher vor allem unter zwei Aspekten analysiert: Zum einen ging es um den marxistischen Ansatz des Klassenkampfes, der bekräftigt oder widerlegt werden sollte – besonders wenn die Beweggründe vorwiegend ökonomischer Natur waren –; zum anderen sollte die Analyse der Untersuchung der Machtausübung dienen, meist handelte es sich dabei um Fälle der Anfechtung der Macht einer Person und seltener um die Nichtanerkennung eines Systems. Die Frage nach der sozialen Schichtung und der Mobilität innerhalb der gesellschaftlichen Hierarchie – genauer nach dem gesellschaftlichen Auf- und Absteigen der Eliten – wird oft als Forschungsobjekt angesprochen, steht aber nur selten im Zentrum der historischen Reflexion. Die französische Geschichtsschreibung hat sich besonders den „Problèmes de stratification sociale“ (so der Titel des Kolloquiums, das 1966 von R. Mousnier organisiert wurde) im Kontext von Revolten zugewandt – aber der Frage nach der sozialen Schichtung und der sozialen Mobilität wurde noch nicht umfassend in einer eigenen, vergleichenden Untersuchung nachgegangen. Eine epochenüberschreitende Untersuchung dieser Fragestellung, von der Spätantike bis zur Neuzeit, soll daher das Ziel dieses Treffens sein (obwohl die „bürgerliche“ Französische Revolution in exemplarischer Weise illustriert, welche Bedeutung der soziale Rang der Beteiligten in Bezug auf die Einflussnahme auf den Verlauf der Dinge und auf den daraus für sie resultierenden Gewinn hatte, soll die Revolutionszeit, angesichts der tiefgreifenden Veränderungen der politischen Werte, die daraus resultierten, hier nicht behandelt werden).
Die Aufständischen, denen dieses Treffen sich zuwendet, wollten nicht die Welt verändern, sondern vor allem, als Reaktion auf eine Entwicklung, die sie ihrer vermeintlichen oder tatsächlichen Rechte beraubte, ihre Lebensbedingungen schützen. Dabei gilt das Interesse nicht in erster Linie den ökonomischen Beweggründen dieser „Primitive Rebels“ (E. Hobsbawm), sondern dem Aufkommen der neuen Eliten (im von V. Pareto definierten Sinne: die Besten in ihrer Kategorie, unabhängig von jeglichem Urteil über den Wert der Kategorie), das sich durch die Revolte zeigt – oder zeigen kann –, vor allem in Bezug auf die möglichen Interessenkonflikte zwischen den regierenden und den nicht regierenden Eliten. Es geht also nicht um die Revolte als Auslöser für eine Veränderung, sondern als Phänomen der Entwicklung der allgemeinen sozialen Beziehungen und der Auswirkung des Sozialstatus’ insbesondere auf die Beteiligung an der Macht. Es soll daher ausgeleuchtet werden, was die Spezifität bestimmter Eliten (ökonomische, soziale, politische) ausmacht, in Hinblick auf ihre Auflehnung (oder ihre Ablehnung dieser Vorgehensweise) und der Formen, die diese annehmen konnte, und in Bezug auf die Werturteile über die Durchführung des Aufstandes, welche von der Personalität der Protagonisten abhängen, aber auch bezogen auf das Bewusstsein, der Elite anzugehören (oder nicht anzugehören). Gleich auf zweifache Weise fließt der Begriff des Sozialstatus’ in die Untersuchung des Phänomens des Aufstandes ein: bei der Beurteilung der Aufständischen insgesamt und bei der Einschätzung ihrer Anführer. Die Idee der „sozialen Anerkennung“ ist hier entscheidend: Inwiefern decken sich die Urteile der Zeitgenossen und die Analyse der Historiker in Bezug auf die Wahrnehmung des Sozialstatus’ der Aufständischen und ihrer Anführer (und dessen Auswirkung auf die Durchführung des Aufstandes)? Inwieweit bedingt (oder erlaubt) ein bestimmter Sozialstatus die Anwendung einer bestimmten Form der Revolte? Läßt der Aufstand das Entstehen einer neuen Elite erkennen, sei es eine in sich abgeschlossene soziale Gruppe (z. B. eine Schwurgemeinschaft) oder seien es Persönlichkeiten innerhalb dieser Gruppe? Ist durch einen Aufstand ein wirklicher (dauerhafter) sozialer Aufstieg möglich? Inwiefern verstärkt die Unterdrückung der Revolte die sozialen Unterschiede? Für wen gilt die „Pflicht zum Aufstand“ oder „devoir de révolte“ (A. Jouanna, in Bezug auf den französischen Adel im 16. und 17. Jh.) und wem ist ein Aufstand verboten (anders ausgedrückt: Wo liegt die Grenze zwischen Subversion und Ausschließung) – und warum? Es soll versucht werden, Antworten auf diese Fragen zu finden, ausgehend von der römischen Welt der Spätantike und ihrer Weiterentwicklung im byzantinischen Reich bis zu den Vergleichen mit den fernöstlichen Gesellschaften. Nach dem Studium der Analysemöglichkeiten, die die frühmittelalterlichen Quellen (zu politischen und monastischen Eliten) bieten, soll es um die Kommunalaufstände gehen, die die Geschichte des 11. und 12. Jahrhunderts in Frankreich und Italien wesentlich bestimmt haben. Besser dokumentiert sind die Revolten (bäuerliche und städtische) des Hoch- und Spätmittelalters und die ökonomischen und politischen (unter dem Vorwand der Konfessionalisation?) Wirren der frühen Neuzeit: Es sollen mehrere regionale Studien vorgestellt werden, um damit, jenseits des deutsch-französischen Dialoges, eine internationale Reflexion zu einer Frage anzustoßen, die sich besonders gut für einen Vergleich der verschiedenen Methoden der historischen Analyse eignet.

Programm

Montag, 24. Oktober 2005

9.30: Empfang
9.40-9.55: Einleitung — Dr. Philippe Depreux (MHFA Göttingen)

Vorsitzender: Prof. Dr. Werner Paravicini (DHI Paris)
9.55-10.40: Les circoncellions : révolte et formation d’élites rurales chrétiennes autonomes durant l’Antiquité tardive — Dr. Bruno Pottier (Universität Paris X-Nanterre)
10.40- 11.00: Pause
11.00-11.45: La révolte de Sun En et Lu Xun (398-411) : révolte sociale, révolte religieuse ou révolte politique ? — Prof. Dr. François Martin (EPHE, Paris)
11.45-12.30: Ipsorum necesse est sub hanc dissensionem animas periclitari : Les révoltes dans la vie monastique médiévale en Europe occidentale — Dr. Steffen Patzold (Universität Hamburg)

Vorsitzende: Prof. Dr. Régine Le Jan (Universität Paris I)
14.30-15.15: Défense d’un statut et contestation d’un modèle de société – conjuration, révolte et répression dans l’Occident du haut Moyen Âge — Dr. Philippe Depreux (MHFA, Göttingen)
15.15-16.00: Aux origines des premières communes françaises – sociétés et pouvoirs (fin du XIe – premier tiers du XIIe s.) — Prof. Dr. Alain Saint-Denis (Universität Dijon)
16.00-16.30: Pause
16.30-17.15: Die kommunalen Bewegungen in Italien (11.-12. Jahrhundert) — Prof. Dr. Claudia Zey (Universität Zürich)
17.15-18.00: Se révolter légitimement contre le basileus — Prof. Dr. Jean-Claude Cheynet (Universität Paris IV)

Dienstag, 25. Oktober 2005

Vorsitzender: Prof. Dr. Pierre Monnet (EHESS, Paris)
9.00-9.45: L’Angleterre au Moyen Âge central et tardif — Dr. Jörg Peltzer (Universität Heidelberg)
9.45-10.30: Le révolté « hongrois » : conflits politiques, réformes sociales et imaginaire religieux sous le règne des Angevins et de Sigismond de Luxembourg (XIVe - XVe s.) — Dr. Marianne Sághy (Central European University, Budapest)
10.30-11.00: Pause
11.00-11.45: Von Cola di Rienzo zu Stefano Porcari. Revolten im Rom des 14. und 15. Jahrhunderts — PD Dr. Uwe Israel (Centro Tedesco di Studi Veneziani, Venedig)
11.45-12.30: Die Frage des sozialen Status als Beweggrund aufständischen Handelns in mitteleuropäischen Städten des Spät-mittelalters : Braunschweig, Brügge, Zürich — Kai-Henrik Günther M.A. (Universität Göttingen)

Vorsitzender: Prof. Dr. Yves-Marie Bercé (Universität Paris IV)
14.30-15.15: Peuple et élites : stratégies sociales et manipulation politique dans les révoltes paysannes (France, XIVe - XVe siècles) — Dr. Vincent Challet (Universität Montpellier III)
15.15-16.00: Menu peuple et élites villageoises dans la Guerre des Paysans de 1525 — Prof. Dr. Werner Troßbach (Universität Kassel)
16.00-16.30: Pause
16.30-17.15: Élites citadines et sédition en France à l'époque des troubles de religion — Dr. Olivia Carpi (Universität Amiens)
17.15: Schlußwort — Prof. Dr. Hanna Vollrath (Universität Bochum)

Ende gegen 18.00 Uhr

Kontakt

Dr. Philippe Depreux

MHFA, Hermann-Föge-Weg 12, D-37073 Göttingen

0551/55213

depreux@mhfa.mpg.de

http://www.mhfa.mpg.de
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